Was sind die typischen Symptome, die bei einer Zuckersucht auftreten können?
Viele stellen sich die Frage, ob der tägliche Japp auf Schokolade schon eine Zuckersucht sein könnte oder ob es sich um eine normale oder menschliche Lust auf Süßes handelt.
Die Grenzen sind fließend, aber es gibt ein paar typische Symptome bei Zuckersucht, auf die ich hier eingehen möchte.
Die Kapitel des Ratgebers
Einige der Symptome zeigen sich aufgrund der erhöhten Menge an konsumierten Zucker und müssen nicht unbedingt ein Anzeichen für Zuckersucht sein.
Aber dann wiederum: Wer, der nicht süchtig ist, isst Zucker in diesen großen Mengen?
Schauen wir uns das also mal genauer an.
Leidensdruck
Viele leiden unter dem automatischen Nasch-Zwang und können trotzdem nicht aufhören Süßes zu essen. Sie kämpfen mit einem schlechten Gewissen und Schuldgefühlen, fühlen sich als Versager oder haben gesundheitliche Probleme infolge des hohen Zuckerkonsums.
Ob man von einer Zuckersucht sprechen kann, hängt für mich vor allem vom Leidensdruck ab. Wenn jemand vollkommen zufrieden und ohne körperliche Probleme viel Zucker konsumiert, dann möchte ich ihm keine Zuckersucht einreden.
Für mich steht und fällt diese Bezeichnung immer mit dem Gefühl der Person für ihren Zuckerkonsum. Und auch da bin ich vorsichtig, denn die Diagnose an sich kann durchaus auch Auswirkungen auf das Handeln haben. Setzt man sich selber den Stempel „süchtig“ auf, kann es sein, dass der Konsum noch weiter in die Höhe schnellt. Man hat somit eine Art Rechtfertigung dafür.
Andererseits kann die Erkenntnis der Sucht auch eine große Erleichterung mit sich bringen, denn es erklärt sich endlich, warum es mit der guten Ernährung so viele Jahre nicht geklappt hat.
Dringender Wunsch nach Süßem
Viele Zuckersüchtige verspüren täglich den dringenden Drang, etwas Süßes zu essen. Dieser Wunsch kann den Tages- (und Nacht-(!)) Ablauf beeinflussen und zum Einkauf zwingen.
Heißhungerattacken
Der ständige Zuckerkonsum und das Auf und Ab des Blutzuckerspiegels führen häufig zu Unterzuckerung mit der Folge von Heißhungerattacken. Aber nicht nur aus körperlichen Gründen kommt es dazu, denn auch emotionale Auslöser können für die Heißhungerattacken verantwortlich sein. (Zu emotionalen Heißhungerattacken kannst du hier mehr lesen oder hören.) Und dieses Verhalten ist ein typisches Anzeichen der Zuckersucht.
Ewiger Appetit
Zuckersüchtige sind sehr oft ständig unzufrieden mit ihrer derzeitigen Ess-Situation. Sie sind immer auf der Suche, denken dauerhaft an Essen, obwohl sie keinen körperlichen Hunger verspüren.
Süßigkeiten als regelmäßiges Mittel der Beruhigung in Stresssituationen
Auch die gewohnte Schokolade in Stressphasen kann ein Indiz für eine Zuckersucht sein, denn hier wird ein Nahrungsmittel dafür genutzt, um sich eine Erleichterung zu verschaffen und nicht um sich mit Energie zu versorgen. Muster wie diese, die man immer wieder bedient, sind ein typisches Anzeichen für eine Zuckersucht. (Wie Stress und Zuckerhunger zusammenhängen, erfährst du hier.)
Emotionale Bindung an Essen
Damit kommen wir auch gleich zur Liebe für bestimmte Nahrungsmittel. Diese starken Gefühle betreffen meist süße Gerichte oder Weißmehlprodukte. Ich halte eine emotionale Bindung an bestimmte Gerichte für ein weiteres mögliches Indiz für die Zuckersucht. Viele dieser Lieblingsspeisen sorgen für eine Dopaminausschüttung und lösen so ein Glücksgefühl aus (1). Auch die Verknüpfung von schönen Situationen aus der Vergangenheit an bestimmte Gerichte kann dazu führen, dass man eine Speise häufiger essen möchte. Denn mit dem Konsum kann auch die alte Emotion zurückgeholt werden.
Diese Verknüpfungen kann man wird vielleicht deutlicher erkennen, wenn man sich das Gegenteil vorstellt: Zum Beispiel eine starke Zuneigung zu Brokkoli oder Weißkohl. Sie ist deutlich seltener aufzufinden, als die Liebe zu Nussnougatcreme.
Übermäßiges Essen
Zuckersüchtige haben oft keine eingebaute Kontrolle, oder besser: kein gesundes Sättigungsgefühl, wenn es um Süßigkeiten und Speisen mit isolierten Kohlenhydraten geht. Das führt dazu, dass sie weitaus mehr davon essen, als sie benötigen. Es fällt ihnen sehr schwer, nur kleine Mengen der zuckerhaltigen Produkte zu essen.
Manfred Hinrich
Sehnsucht wird Sucht, wenn sie unsinnig sucht.
Begeisterter Genuss von Teigigem, Pasta und Brot
Zuckersüchtige führen oft eine Liebesbeziehung mit allen Arten von Kohlenhydraten, wobei besonders die teigigen süßen Produkte aus Weizen favorisiert werden. Viele von ihnen sind unfähig, den Brotkorb auf dem Tisch im Restaurant unberührt zu lassen und verspüren auch häufig Appetit auf Pasta. (Hier gibt es eine Erklärung, warum Brot für Zuckersüchtige eine Verlockung darstellt.)
Große Süßigkeiten-Depots
Viele Zuckersüchtige haben immer Süßigkeiten im Haus oder der Schreibtisch-Schublade und da der Bestand regelmäßig aufgegessen wird, muss häufig für Nachschub gesorgt werden.
Heimliches Naschen
Vielen Zuckersüchtigen ist es unangenehm die großen Mengen an Süßigkeiten vor den Augen anderer zu essen. Sie verurteilen sich selbst dafür und möchten sich nicht der Gefahr aussetzen von anderen zu hören, dass sie übertreiben. Es ist ihnen einfach unangenehm, denn sie wissen, dass sie zu viel essen. So kommt es häufiger vor, dass heimlich genascht wird und dass Süßigkeitenverpackung versteckt werden. Entweder ganz unten im Mülleimer oder in Schubläden und Schränken.
Dieses Verhalten kommt auch häufiger bei Eltern vor, die heimlich naschen, um ihre Kinder nicht in Versuchung zu führen. Diese Vorgehensweise bleibt aber oft erfolglos, denn Kinder spüren oft die nicht eindeutigen Aussagen der Eltern. Wenn heimlich genascht wird, aber tagsüber der ungesunde Zucker verboten wird, erhalten die Kinder unklare Signale. Wir kommunizieren nicht nur über die Sprache und Kinder sind oft im Stande, auch zwischen den Zeilen zu lesen.
Deshalb ist es für Eltern sinnvoll, erst einmal sich selbst Klarheit zu verschaffen und offen mit den Kindern darüber zu reden. Am besten wäre es natürlich, sich von der Zuckersucht zu befreien und anschließend automatisch eindeutige Signale zu senden. So kann man den Kindern einer zuckerarme Ernährung vorleben und sie ganz ohne Druck und Verbote auf diesen Weg leiten.
Unfähigkeit Süßigkeiten abzulehnen
Ganz typisch für Zuckersüchtige ist es, dass jegliches Angebot von Süßigkeiten genutzt werden muss. Es fällt ihnen sehr schwer, nicht zuzugreifen, wenn Kuchen oder Schokolade angeboten werden oder bereitstehen. Häufig folgt das Naschen auch erst, nachdem innerlich diskutiert und Verzicht geübt wurde. Oft ist es aber auch ein automatisches Naschen, über das man sich erst nachher bewusst wird: „Ich wollte doch nicht!“
Hautprobleme
Zu viel Zucker hat bei vielen Menschen einen Einfluss auf die Hautgesundheit und so können Hautprobleme ein Indiz für eine Zuckersucht sein.
Schwaches Immunsystem
Zu viel Zucker hat Auswirkungen auf die Darmflora, da sie das Wachstum der zuckerliebenden Bakterien fördert und so das Gleichgewicht stört (2). Ist die Darmflora erst im Ungleichgewicht, wird auch das Immunsystem in Mitleidenschaft gezogen. Die Folgen sind viele Infektionen und eine große Anfälligkeit für verschiedene Krankheiten.
Schlafstörungen
Menschen, die sehr viel Zucker konsumieren, haben häufig Probleme mit einem erholsamen Schlaf (3). Sie wachen oft auf (Unterzuckerung) oder sind zu nervös, um durchzuschlafen.
Helga Schäferling
Der Süchtige wird in der Sucht niemals finden, was er sucht.
Stress oder Angst bei dem Gedanken, auf Zucker verzichten zu müssen
In meinen Online-Kursen begegnen mir immer wieder viele Teilnehmer, die der Gedanke an einen Zuckerentzug nervös macht, sogar Ängste bei ihnen auslöst. Dies ist eine ganz natürliche Reaktion. Für viele war der Zucker in der Vergangenheit eine große Stütze. Er hat sie davor bewahrt, in schwierigen Situationen durchzuhalten. Er hat ihnen ein Gefühl von Sicherheit gegeben. Ist es da verwunderlich, dass der Plan, genau diese Sicherheit zu entfernen, Ängste auslöst?
(Aber es funktioniert! Lies hier, wie gut es den Teilnehmern mit der Zuckerfreiheit geht.)
Rückfälle
Egal wie häufig versucht wurde, auf Zucker zu verzichten, es kam immer wieder zu Rückfällen. Rückfälle sind ein ganz typisches Symptom für die Zuckersucht und werden meist von vielen negativen Gefühlen begleitet.
Ständiges Brechen der guten Vorsätze
Ein ganz typisches Symptom ist das Brechen der immer wieder erneut gesteckten Vorsätze: „Heute werde ich keine Süßigkeiten essen.“
Obwohl man sich sehr bewusst über die gesundheitlichen Folgen von zu viel Zucker ist, kann man trotzdem nicht aufhören oder gar darauf verzichten. Ein typisches Anzeichen von Sucht ist, wenn man es, obwohl man es besser weiß, trotzdem tut. Obwohl der Konsum dem Körper und Geist einen Schaden zufügt, wird weiter gegessen.
Entzugserscheinungen
Wenn einmal versucht wird, auf Zucker zu verzichten, zeigt der Körper verschiedene Symptome. Es kommt sehr häufig zu Entzugserscheinungen, wie allgemeine Gereiztheit, Kopfschmerzen, Müdigkeit, etc. Die Liste der Symptome ist lang!
Hier kannst du lesen, welche Symptome, aber auch positiven Effekte ein Zuckerentzug mit sich bringen kann.
Stimmungsschwankungen
Auch die Laune kann vom Zuckerkonsum abhängig sein. Bleibt der nächste Zuckerkick aus, führt das bei einem Süchtigen häufig schon zum Entzug und somit Stresssituationen. Stimmungsschwankungen können aber auch von den Blutzuckerspiegel-Schwankungen abhängig sein. Häufige Unterzuckerung sorgt ebenfalls oft für Gereiztheit und schlechte Laune. Depressive Verstimmung können ebenfalls im Zusammenhang mit einem erhöhten Zuckerkonsum stehen.
Nebel im Kopf
Viele Zuckersüchtige klagen über ein unklares, nebulöses Denkvermögen, wenn es um den Lebensplan und die eigenen Vorlieben geht. Sie haben oft keinen guten Bezug mehr zu sich selbst. Viele wissen nicht mehr genau, was sie eigentlich gerne im Leben tun und was sie glücklich macht. Nach einer Weile ohne Zucker verschwindet dieser Nebel sehr oft und gibt den Blick wieder frei auf das eigentlich Wichtige im Leben. (Hier erzähle ich ein bisschen von meiner Reise zu mir selbst.)
Was kannst du tun?
Dies alles sind nur einige Symptome, die auf eine Zuckersucht schließen lassen können. Das Thema ist allerdings sehr individuell, jeder Mensch reagiert anders und genauso unterschiedlich sind auch die Lösungen.
Keine Frage, bei den meisten bedarf es einer sehr ursprünglichen, nährstoffreichen Ernährung, um den körperlichen Zuckerhunger einzudämmen. Aber schon bei den emotionalen Auslösern für Zuckerhunger kommen immer wieder unterschiedliche Faktoren zu Tage. Es ist spannend, diesen Dingen auf die Schliche zu kommen und dabei die Ursachen für die Zuckersucht zu lösen.
Wenn du Hilfe dazu suchst, wie du deine Zuckersucht überwinden kannst, lies hier weiter.
Und keine Sorge: Rückfälle sind normal. Sie gehören dazu und sind wichtig, weil sie dir deinen Weg zeigen.
Wenn du dich etwas genauer mit der Zuckersucht auseinander setzen möchtest, kann du hier einen Zuckersucht-Test machen.Quellen
(1) Rada, P., Avena, N. M., & Hoebel, B. G. (2005). Daily bingeing on sugar repeatedly releases dopamine in the accumbens shell. Neuroscience, 134(3), 737–744. https://doi.org/10.1016/j.neuroscience.2005.04.043
(2) Gupta, A., Osadchiy, V., & Mayer, E. A. (2020). Brain-gut-microbiome interactions in obesity and food addiction. Nature reviews. Gastroenterology & hepatology, 17(11), 655–672. https://doi.org/10.1038/s41575-020-0341-5
(3) St-Onge MP, Roberts A, Shechter A, Choudhury AR. Fiber and saturated fat are associated with sleep arousals and slow wave sleep. J Clin Sleep Med 2016;12(1), 19–24. https://doi.org/10.5664/jcsm.5384