von Ilga Pohlmann | 30. Juni 2020 | 2 Kommentare

Zucker aus Sicht der TCM und welche Rolle Hochsensibilität dabei spielt

Bild oben: Photo by Luis Vidal on Unsplash

Gastbeitrag von Nadine Pläsier

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) beobachtet seit über 2000 Jahren die Gesundheit von Menschen und die Entstehung von Krankheiten. Sie geht dabei immer ganzheitlich vor und berücksichtigt auch Emotionen, die Konstitution eines Menschen, den gesamten Lebensstil, klimatische Verhältnisse und vieles mehr. Zum Thema „Zucker“ bietet die TCM einige spannende Betrachtungsweisen und hilfreiche Tipps, die für unsere westliche Denkweise neu sind. Sie kann uns auch erklären, wie die einzelnen Konstitutionstypen mit Emotionen und Zucker umgehen. Sogar Hochsensibilität wurde schon vor über 2000 erkannt und findet sich unter den verschiedenen Konstitutionstypen wieder.

Die Fünf-Elemente-Ernährung

Ein präventiver Teil dieser Medizin ist die Ernährungslehre, die Viele wahrscheinlich unter dem Begriff „Fünf-Elemente-Ernährung“ kennen. Der Name kommt daher, dass alle Erscheinungsformen in der Welt und in unserem Körper in der TCM den fünf Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser zugeordnet werden. Das klingt erst mal vor allem poetisch, dahinter steckt aber ein sehr ausgeklügeltes System von Wirkungsmechanismen im Körper, die sich gegenseitig beeinflussen.

Quelle: Wikipedia

Süßes und seine Wirkung aus Sicht der Fünf-Elemente-Ernährung

Jedem Element ist ein Geschmack zugeordnet und da der süße Geschmack zum Element Erde gehört, ist es auch dasjenige, das als erstes leidet, wenn wir zu viel Süßes essen. Das Erde-Element steht unter anderem für die Organe Magen und Milz. Im Grunde braucht dieses Element das Süße, aber vor 2000 Jahren verstand man darunter keinen Industriezucker und keine Schokolade, sondern Getreide, was man versteht, wenn man es lange kaut. Und das soll nach TCM am besten gekocht sein, weil es dann am besten verdaulich ist. Der Mensch hat das Feuer schon vor langer Zeit entdeckt und für sich nutzbar gemacht und daher hat sich auch seine Verdauung darauf eingestellt. Die Energie, die so für das Verdauen gespart wurde, floss dann in unser Gehirn, das sich dadurch weiterentwickeln konnte. An Industriezucker und Süßigkeiten im Übermaß konnte sich unser Körper in der kurzen Zeit leider aber noch nicht anpassen.

In Urzeiten war es ein gutes Zeichen für den Körper, etwas Süßes zu finden, weil süß sehr nährend wirkt und es das Überleben erleichterte. Das Problem zu verhungern haben wir heute in den Industrieländern nicht mehr. Wir nähren unseren Körper dagegen eher übertrieben stark. Gerade weißes Weizenmehl ist ein Supernährstoff. Unser Körper mag aber keine Extreme, denn was im richtigen Maß fördert, schadet im Übermaß (oder im Mangel). Und so schwächen Zucker und alles Süße dann auch Milz und Magen, womöglich noch zusammen mit weißem Mehl in einem Obstkuchen. Hinzu kommt, dass Süßes befeuchtend wirkt. Das ist gut, wenn man trockenen Husten hat, aber sonst möchte der Körper nicht zu viel Feuchtigkeit haben, denn es kann daraus eine krank machende Verschleimung entstehen, die sich zum Beispiel in Appetitmangel, Ödemen, Cellulitis, Übergewicht, Kältegefühl, Schwindel, Übelkeit, weichem Stuhl, Konzentrationsproblemen bis hin zu Niedergeschlagenheit und „Regenwetter-Stimmung“ u.v.a. zeigen kann.

Wenn man es über viele Jahre mit dem Süßen übertreibt, wird irgendwann auch das Element Wasser in Mitleidenschaft gezogen. Da diesem die Nieren, Blase, Knochen, Zähne, Haare, die Lebensenergie und der Wille zugeordnet sind, macht sich das unter Umständen durch Haarausfall, Karies, Antriebslosigkeit und Willensschwäche bemerkbar. So entsteht ein Teufelskreis, weil man seine Trägheit durch Zucker ausgleichen möchte, der dem Gehirn kurzzeitig einen Energieschub gibt. Aber die langfristige Auswirkung bewirkt genau das Gegenteil. Die Trägheit kann auch irgendwann zu Sturheit werden im Sinne von „Ich lasse mir meine Schokolade nicht wegnehmen!“

Beziehungen von Erde- und Holz-Typen zum süßen Geschmack

Wie stark sich Süßes auswirkt, hängt auch mit dem eigenen Konstitutionstyp zusammen. Jeder Mensch hat seinen Schwerpunkt bei zwei Elementen, setzt sich aber letztendlich mehr oder weniger aus allen fünf Elementen zusammen. Wenn man viel vom Element Erde in sich hat, neigt man zum Grübeln und Sich-Sorgen. Da scheint der Griff zu Süßigkeiten eine schnelle und einfache Beruhigung zu sein. Außerdem neigt dieser Typ auch dazu, sich für andere aufzuopfern und dabei seine eigenen Bedürfnisse zu vergessen. Das versucht er dann mit Süßigkeiten auszugleichen.

Gerade beim Erde-Typen aber werden Süßigkeiten viel schneller auf der Waage zu Buche schlagen als zum Beispiel bei einem Holz-Typ. Ja, ich weiß, das ist ungerecht. Zum Trost: Dafür sind Erde-Typen viel bessere Team-Player und damit beliebter, während die sehnigen, sportlichen Holz-Typen den Wettbewerb lieben und manchmal ziemlich egoistisch sein können. Aber sie haben es mit dem Zucker auch nicht leicht: Wenn diese Typen Zucker essen, liegt es meistens daran, dass sie eine Leber-Qi-Stagnation haben. Leber und Gallenblase sind dem Element Holz zugeordnet. Es ist auch verantwortlich für den Fluss der Emotionen. Bei unterdrückten Emotionen, besonders in Form von Wut, und fehlender Bewegung kann schnell ein Stau in diesem Element entstehen. Das bezeichnet die TCM als Leber-Qi-Stagnation. Diese kann sich in Verspannungen, Stimmungsschwankungen, plötzlichen Wutausbrüchen, Zähneknirschen und vielen anderen Symptomen äußern.

Wenn man dann die Emotionen nicht löst und sich zu wenig bewegt, rutscht man schnell in ein Suchtverhalten ab. Das können neben Zuckersucht auch Alkoholsucht und andere Süchte sein. Auch andere Konstitutions-Typen können eine Leber-Qi-Stagnation entwickeln, bei den Holz-Typen ist die Tendenz allerdings stärker.

Beziehungen von hochsensiblen Metall-Typen zum süßen Geschmack

Dass manche Menschen besonders sensibel sind, hat die TCM schon vor Tausenden von Jahren erkannt. Heute nennt man das „Hochsensibilität“, in der TCM ordnet man diese Eigenschaft dem Element Metall zu. Bei dem Begriff Metall kann man sich vielleicht zuerst nicht vorstellen, dass es sehr ätherisch und feinfühlig ist. Das wird vielleicht klarer, wenn man weiß, dass ihm auch die Lunge zugeordnet ist, die nach chinesischer Vorstellung einen feinen Nebel bildet und über den Körper verteilt. Sie befeuchtet die Haut und ist auch für die Immunabwehr und den Dickdarm zuständig. Eine typische Eigenschaft des Metall-Typen ist, dass er einen guten „Draht nach oben“ hat, mit Leichtigkeit meditieren kann und immer ein bisschen in anderen Sphären zu schweben scheint. Da er sehr viele Reize ungefiltert aufnimmt, ist sein Gehirn schnell überflutet. Als ob äußere Reize nicht reichen würden, neigen Metall-Typen übrigens auch zu komplexen inneren Gedankenprogrammen, von denen meistens mehrere gleichzeitig ablaufen. Es besteht also auch noch eine innere Reizüberflutung.

Viele Metall-Typen spüren dann instinktiv, dass sie vom Kopfkino runterkommen und sich erden müssen, und versuchen das, indem sie Süßigkeiten essen. Das Süße wirkt erst mal beruhigend auf die Nerven und erdend, weil es zum Element Erde gehört. Industriezucker entzieht dem Gehirn dabei aber leider viele Nährstoffe, die gerade Metall-Typen sehr stark brauchen, weil ihr Gehirn oft mehr verbraucht als andere, gerade in Stress-Situationen. Sie spüren dann zum Beispiel, dass ihnen Magnesium fehlt, und greifen instinktiv zu einer Tafel Schokolade, weil Kakao eben Magnesium enthält. Dabei wäre ihnen vielleicht schon geholfen, wenn sie die Mineralstoffe in anderen Lebensmitteln zu sich nehmen würden oder wenn sie zumindest nur hochprozentige Schokolade essen würden. Hinzu kommt, dass dem Metall-Typen die Emotion Trauer zugeordnet ist. Wenn er eine melancholische Phase hat, neigt er auch dazu, sich mit Zucker aufzuheitern. Dabei würde vielleicht auch eine feurige, spontane, kreative Aktivität, die die Leidenschaft weckt, ausreichen, um ihn aus der Starre des erkalteten Metalls herauszuholen und geschmeidig zu machen wie ein erwärmtes Metall in der Schmiede.

Weitere Tipps für den Umgang mit Zucker

Besonders die aufgezählten drei Elemente Holz, Erde und Metall können ein Thema mit dem Zucker haben. Es gibt aber auch noch einige generelle Tipps aus der Fünf-Elemente-Lehre, die beim Umgang mit Zucker für alle Konstitutionstypen hilfreich sein können:

Wichtig ist, dass der Körper gut mit Nährstoffen versorgt ist, damit erst gar kein Heißhunger auf Süßes aufkommt. Was versteht die Fünf-Elemente-Ernährung unter einer guten Versorgung mit Nährstoffen? Das Sprichwort „Frühstücken wie ein Kaiser, …“ kennen bestimmt viele noch. Unsere Vorfahren hatten ähnliche Vorstellungen von der richtigen Ernährung wie die Chinesen. Auch in unserer guten alten „Hausmannskost“ findet man viele Übereinstimmungen mit der Fünf-Elemente-Ernährung. Im Mittelalter war es noch üblich, morgens einen gekochten Brei zu essen, erst durch die Industrialisierung kamen Brot und Brötchen in Mode, weil es schneller ging. Das Frühstück sollte nach der Fünf-Elemente-Ernährung idealerweise aus gekochtem Getreide, Eiweiß und etwas hochwertigem Öl bestehen. Gewürze machen es noch besser verdaulich und Kompott kann eine Ergänzung für Liebhaber von süßem Frühstück sein. Auch im Laufe des Tages ist ein ausgewogenes Verhältnis von Getreide, Eiweiß, Gemüse, wenig Obst und tierischen Produkte in kleinen Mengen günstig. Milchprodukte allerdings gelten in der TCM als verschleimend. Wenn man auf Zucker verzichtet und sich wundert, dass man nicht abnimmt, könnte es an zu vielen Milchprodukten liegen. Wichtig ist es auch, regelmäßig zu essen und danach ausreichend satt zu sein. Wenn es dann unbedingt etwas Süßes sein muss, kann man zum Beispiel Kompott essen, am besten mit Kardamom gewürzt, denn der entfeuchtet den Körper. Auch (Trocken-)obst ist übrigens im Übermaß befeuchtend, aber immer noch besser als weißer Zucker, da es zumindest noch Mineralstoffe enthält. Zuckerersatzstoffe sind im Grunde Selbstbetrug, denn sie klingen vielleicht gesünder als Zucker, aber da sie auch süß schmecken, belasten sie genauso die Milz und befeuchten wie auch normaler Zucker. Wer seine Schokolade vermisst, kann auch Kakao über süße Breie oder in Kompott streuen. Zu viel Salz macht übrigens auch Lust auf Süßes und schadet den Nieren.

Für den Lebensstil gibt es in der TCM unter anderem folgende Ratschläge: Nicht nur für den Erde-Typ ist es wichtig, sich das Grübeln und Sorgenmachen abzugewöhnen. Denn das kann bei jedem Konstitutionstyp das Element Erde schwächen. Ja, das ist leicht gesagt. Ein hilfreicher Schritt in diese Richtung kann es sein, sich jeden Abend drei Glücksmomente zu überlegen, für die man an diesem Tag dankbar war (okay, Schokolade“ würde ich lieber auslassen… Aber es gibt da ja noch viel mehr!) Bei einem Übermaß an Feuchtigkeit im Körper sollte man nach dem Essen immer einen Spaziergang machen, feuchte Umgebung und feuchte Kleidung meiden. Wenn man zu Suchtverhalten neigt, kann man emotionale Stagnationen am besten beim Tanzen abbauen und schauen, welche Situationen im Alltag einen immer wieder wütend machen, und neue Lösungen suchen.

Nadine Pläsier – Diplom-Ernährungsberaterin

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Tags

chinesische Medizin, Hochsensibel, Hochsensibilität, TCM, Zucker


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  • Sehr interessanter Artikel! Mich würde interessieren, woher die Infos vor allem bezüglich des Zusammenhangs zwischen Hochsensibilität und dem Metall-Element besteht. Gibt es da Literatur dazu? Ich freue mich über eine Antwort 🙂 *Esprit

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